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"Mein Vater, John Lennon und das beste Jahr unseres Lebens" von Tom Barbash

New York Ende der Siebziger, Showgeschäft, Beatles … Tom Barbash lässt in seinem Roman „Mein Vater, John Lennon und das beste Jahr unseres Lebens“ fiktive Figuren Persönlichkeiten der damaligen Zeit begegnen. Eine spannende Ausgangsidee, die sofort mein Interesse weckte. Auch wenn ich schließlich keine grundlegend neuen Erkenntnisse gewinnen konnte, war der Roman dennoch eine unterhaltsame Lektüre für zwischendurch.

 

 

 

The show must go on …

 

New York City 1979. Das ist der Ausgangspunkt für Tom Barbashs Roman “Mein Vater, John Lennon und das beste Jahr unseres Lebens“.

Nachdem sein Vater Buddy Winter, berühmter Moderator einer Late Night Show einen Nervenzusammenbruch erlitten hat, soll sein Sohn Anton seine Karriere wieder zum Laufen bringen. Anton erholt sich gerade von einer Malaria, die er sich beim Einsatz mit dem Peace Corps in Gabun zugezogen hat, und kehrt hierfür zu seinen Eltern zurück, die nicht weniger als in „The Dakota“, der New Yorker Adresse für die Reichen und Berühmten, zu Hause sind. Als er selbst wieder auf den Beinen ist, legt er sich für seinen Vater ins Zeug, fungiert als dessen rechte Hand und tut alles, um ihn zurück ins Showgeschäft zu bringen. Allmählich hinterfragt er jedoch, inwieweit er bei der Neuerfindung von Buddy Winter noch seinen eigenen Weg geht.

 

Ausflug in eine pulsierende Stadt

Tom Barbash gelingt es von Anfang an, den Leser auf eine Reise ins New York Ende der 70er / Anfang der 80er mitzunehmen, einen eintauchen zu lassen in die pulsierende Stadt, in der parallel die High Society ihre Partys feiert und Ted Kennedy auf Wahlkampftour geht, während auf den Straßen Kriminalität an der Tagesordnung ist.

Es ist interessant, Anton Winter auf seinen Touren zu begleiten – die Darstellung seines Alltags und dessen Reflexion wirken sehr realistisch. Vordergründig muss alles leichtfüßig über die Bühne gehen, hinter den Kulissen heißt es, hart arbeiten und strategisch zu überlegen, wie man die Einschaltquoten nach oben bringt und Publikum und Sender auf seine Seite zieht. Man geht aus, um gesehen zu werden und versucht, sich dabei stets im besten Licht zu präsentieren.

 

Unnötige Längen

Irgendwann allerdings hat man verstanden, wie das Leben von Buddy Winter und Sohn, ihrem Nachbarn John Lennon und anderen aus ihrem Umfeld funktioniert – gerade Richtung Ende gibt es unnötige Längen.

Was die Lektüre anfangs sehr spannend macht – die durchaus gelungene Mischung zwischen historischen Begebenheiten und den mit ihnen verknüpften realen Persönlichkeiten sowie fiktiver Handlung und Figuren – bremst sie zunehmend auch. Immer wieder geht es um John Lennon und ob die Beatles nun in die neue Show von Buddy Winter kämen – hier hätte man sicher kürzen können.

 

Sympathischer Protagonist

Nichtsdestotrotz ist Ich-Erzähler Anton ein sympathischer Protagonist. Er bewegt sich sicher in der Glamour-Welt, hinterfragt diese aber auch kritisch und fühlt sich genauso in Afrika zu Hause. Dass er schlussendlich doch einen ähnlichen Weg wie sein Vater einschlägt – selbst wenn er versucht, sich von diesem freizuschwimmen – überrascht zunächst. Wahrscheinlich entspricht genau das aber dem Werdegang vieler, die sich am Ende doch wieder dort finden, wo auch die Eltern zu Hause waren.

 

Titel

Der Titel „Mein Vater, John Lennon und das beste Jahr unseres Lebens“ weckt auf Anhieb Interesse. Die Mischung zwischen einer Familiengeschichte („mein Vater“), einer Story in der Show-Welt („John Lennon“) und elementarer Lebenserkenntnis („das beste Jahr unseres Lebens“) macht neugierig und Lust auf die Lektüre. Am Schluss stellt sich aber die Frage, ob es wirklich „das beste Jahr“ von Anton und seinem Vater war, das hier beschrieben wurde. Zwar genießen sie das Mehr an gemeinsamer Familien-Zeit, das es im Show-Alltag vor Buddys Zusammenbruch nicht gab, aber schließlich entscheiden sich doch sowohl Buddy als auch Anton wieder für das Leben davor. Vielleicht ist der Originaltitel „The Dakota Winters“ doch treffender …

 

Fazit

Wünschenswert wären ein bisschen mehr Tiefgang, etwas, das Buddys und Antons Leben grundlegend verändert und das der Leser ggf. als Erkenntnis für sich selbst mitnehmen kann. Wenn man das Buch ohne diese Erwartung liest und es mehr als atmosphärische Spiegelung der Zeit vor 40 Jahren in der New Yorker Musik- und Showszene liest, eignet es sich dennoch als unterhaltende Lektüre für zwischendurch.

 

Vielen Dank an Kiepenheuer & Witsch sowie Lovelybooks für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

 

Tom Barbash: Mein Vater, John Lennon und das beste Jahr unseres Lebens. Aus dem Englischen von Michael Schickenberg. | Verlag Kiepenheuer & Witsch | 20.08.2020 | 352 S. | Hardcover | ISBN: 978-3-462-05311-1

 

 

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