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"Der Mephisto-Club" von Maria Anne Anders

2015 haben Maria Anne Anders und ich uns bei einem Schreibseminar an der Bundesakademie für Kulturelle Bildung in Wolfenbüttel kennen gelernt und sind seither – nicht nur zu unseren Schreibprojekten – im Austausch. So freute ich mich ganz besonders, als ich ihren ersten Roman „Der Mephisto-Club“ in den Händen hielt. Ich hatte schon vor einiger Zeit die Gelegenheit, ins Original-Skript zu lesen und war gespannt auf die Lektüre der finalen Fassung. Und kann vorwegnehmen: ich wurde sehr gut unterhalten!

 

 

Von Steinmauern nach Berlin oder eine Mission mit Hindernissen

 

Vier Jugendliche mit einer Mission, die von Anfang zum Scheitern verurteilt scheint: Jan fühlt sich verpflichtet, die Schulspendenaktion zu retten. Zu Beginn der Geschichte hat er einen Verkehrsunfall mitverursacht, der dazu führt, dass die Weihnachtspakete der Schule nicht rechtzeitig an das ugandische Waisenhaus verschickt werden. Jan und sein Freund Karim beschließen kurzerhand, nach Berlin zu fahren, um die Geschenke dem Bundespräsidenten zu übergeben. Laut Presseberichten wird dieser in Kürze eine Reise nach Uganda antreten. Als Fahrer wird Karims Cousin Djamal angeworben, sowie die Schulsprecherin Paula, genannt Pawlowka.

 

Schon der Einstieg in die Geschichte ist vielversprechend und als Leser fühlt man sich Jan Branner umgehend verbunden. „Manchmal habe ich das Gefühl, ich bin nur der Beobachter meines eigenen Lebens.“ (S. 7) So lautet der erste Satz, der die selbstironische Haltung des Ich-Erzählers erkennen lässt, der in die bevorstehenden Ereignisse regelrecht hineinzustolpern scheint. Der Erzählton ist von beschwingter Leichtigkeit – der Roman, der sich am ehesten der „all age“-Literatur zuordnen lässt, ist zügig durchzulesen und bietet dabei unterhaltsame Lesestunden.

 

Sympathische Figuren

Die Jugendlichen bilden dabei von Anfang an ein interessantes Gespann: der ungeschickte Jan, der gewiefte Karim, die von den Jungs umschwärmte und bei Eltern und Lehrern gleichsam beliebte Pawlowka und der Ägypter Djamal, der mit Goethe und Schiller versucht, Deutsch zu lernen und sich in amüsanter Weise immer wieder Zitaten aus den großen deutschen Literaturklassikern bedient. Und auch die zeitweiligen Reisegefährten Justin-Dustin und James komplettieren den neu gegründeten „Mephisto-Club“ auf sympathische Weise.

 

Kuriose Deutschland-Tour

Positiv zu erwähnen ist zudem die Auswahl der Schauplätze. Von Steinmauern über Muggensturm bis Friedewald – die Autorin lädt den Leser zu einer Deutschlandreise der besonderen Art ein. In kleine Provinznester jenseits der Metropolen – passend zum unkomplizierten Erzählgestus und den bodenständigen Charakteren. Auch das macht die Erzählung von Anfang an sympathisch.  

 

Gelungener Humor und eine Autorin „zum Anfassen“

Gelungen ist im „Mephisto-Club“ auch der immer wieder durchblitzende Humor. So erklärt Ich-Erzähler Jan beispielsweise: „Wie gesagt, Benny ist ein Arsch. Leider sehen das viele an unserer Schule anders, besonders die Mädchen. Er ist eben ein besonders hübscher Arsch, wie Karim immer sagt.“ (S. 11). Zudem wird ein direkter Dialog mit den Lesern etabliert („Oder seht ihr das etwa anders?“, S. 172) und die Autorin nimmt es sich heraus, indirekt auch selbst zu Wort zu kommen – z. B. in den Fußnoten: „Die Frau, die meine Geschichte für mich aufschreibt, will klarstellen, …“ (S. 9). Das ist originell und verleiht dem Roman eine zusätzlich unterhaltende Note.

 

Fazit

Neben dem Humor finden sich aber auch kleine „Weisheiten“ in der Erzählung – wie beispielsweise: „Erwachsene verbringen die meiste Zeit damit, Dinge zu tun, die sie nicht mögen. Oder mit Leuten, die sie nicht mögen. Und sie vergessen dabei, die Dinge zu tun, die offensichtlich wären.“ (S. 107)

Wenn man davon absieht, dass das Ende etwas abrupt kommt und recht konstruiert wirkt, ist „Der Mephisto-Club“ eine unterhaltsame und empfehlenswerte Lektüre mit einem angenehmen Erzählrhythmus und Serienpotenzial. Das Ende deutet es an, dass sich demnächst gegebenenfalls wieder eine „verrückte Geschichte“ rund um Jan und Djamal entwickelt … Man darf gespannt sein, zu welchem Abenteuer Maria Anne Anders die Truppe das nächste Mal losziehen lässt!

 

Maria Anne Anders: Der Mephisto-Club | OCM Verlag | September 2020 | 173 S. | Hardcover | ISBN: 978-3-942672-79-5

 

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