"Erwartung" von Jussi Adler-Olsen

Nachdem ich die ersten vier Bände der Carl-Mørck-Reihe von Jussi Adler-Olsen bereits verschlungen habe – zuletzt „Erlösung“ –, gönnte ich mir nun Band 5 als Entspannungslektüre für zwischendurch. Und auch von „Erwartung. Der Marco-Effekt“ wurde ich nicht enttäuscht. Auch wenn vieles konstruiert ist, war es unterhaltsames Lesevergnügen mit anhaltender Spannung.

 

 

 

 

Eine einzige Verfolgungsjagd

 

Der fünfzehnjärige Marco flieht aus seinem Leben in einem kriminellen Clan, in dem die Kinder zum Betteln gezwungen werden. Er kehrt seinem Sklavendasein den Rücken und stößt bei seiner Flucht auf eine Männerleiche. Ihm wird klar, dass er untertauchen muss. Stets auf der Hut wird er irgendwann doch entdeckt und eine atemlose Verfolgungsjagd beginnt. Parallel beginnen auch Carl, Assad, Rose und Gordon, der Neue im Sonderdezernat Q, mit ihrer Suche nach dem Täter. Diese führt sie auf Spuren bis nach Afrika. Es geht um Kindersoldaten und Wirtschaftskriminalität. 

 

Wieder einmal hat Jussi Adler-Olsen einen echten Pageturner geschrieben. Mit zunehmender Seitenzahl nehmen Action und Spannung mehr Fahrt auf. Adler-Olsen nimmt den Leser mit auf Marcos Fährte quer durch Kopenhagen. Ihm gelingt ein temporeiches Katz- und Maus-Spiel mit vielen Perspektivwechseln. So kann man als Leser sowohl in die Vermittlerrolle schlüpfen und mit Carl und Kollegen Spuren suchen oder mit Marco bangen, wenn er nur knapp seinen Verfolgern entkommt.

 

Unterhaltsamer Humor

Der Thriller lebt dabei auch von den kuriosen Ermittlerfiguren und dem Humor: „Aber vielleicht waren es ja genau diese Wolkenkrater-Absätze, die den bestrumpften Fettuccine im Präsidium so antörnten?“ (S.89), heißt es beispielsweise über Rose und Gordon, den jungen neuen Kollegen im Team.

Auch Assads wiederholte Kamel-Analogien – beispielsweise analysiert er Verdächtige, indem er ihr Verhalten mit dem von Kamelen vergleicht – haben erfrischend-komischen Charakter.

 

Fazit

Trotz aller Pluspunkte muss erwähnt werden, dass die Handlung an vielen Stellen sehr konstruiert ist. Gerade die Geschehnisse rund um den jugendlichen Protagonisten Marco wirken von der Realität oft deutlich entfernt. Wenn man darüber hinwegsieht, bleiben aber immer noch abendfüllende Unterhaltung und das hohe Spannungslevel, das man von einem Thriller erwartet.

 

Jussi Adler Olsen: Erwartung. Der Marco-Effekt. Der fünfte Fall für Carl Mørck, Sonderderzernat Q. Thriller. Aus dem Dänischen von Hannes Thiess. | dtv Verlagsgesellschaft | 1. Oktober 2013 | 592 S. | E-Book | ISBN: 978-3-423-42077-8